Geschichte des Museums
Anfänge im 19. Jahrhundert
Der 24.Juli 1892 muss als die Geburtsstunde des heutigen Fuhlrott-Museums angesehen werden. Die Sammlungen waren sonntags von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr in der Friedrich-Wilhelm-Schule in der Distelbecker Straße zu besichtigen. Der Eintrittspreis betrug am Eröffnungstag 1.-Mark, danach nur noch 20 Pfennig pro Person!
Bis das Sammlungsmaterial aber zum ersten Mal der Öffentlichkeit als geschlossene museale Ausstellung präsentiert werden konnte, war es ein mühevoller Weg über insgesamt 7 Stationen. Erinnern wir uns: 1846 gründete der Elberfelder Lehrer Johann Carl Fuhlrott den Naturwissenschaftlichen Verein von Elberfeld und Barmen. Er leitete „seinen“ Verein bis zu seinem Tode 1877. In diese Zeit fiel auch die Entdeckung des Neanderthalers. Was nicht allgemein bekannt ist: Fuhlrott war auch der Begründer einer naturwissenschaftlichen Sammlung, aus der letztlich unser Fuhlrott-Museum hervorgegangen ist!
Die Sammlungsteile vergrößerten sich, machten immer neue Räume zur Unterbringung und Aufbewahrung notwendig, z.B. im Haus eines Mitglieds und in verschiedenen Schulräumen. Schließlich war es dann soweit: Die Schule in der Distelbecker Straße nahm die Sammlung auf – ein historischer Augenblick für das Naturkundemuseum.
Vertrag mit der Stadt Elberfeld, erste Blüte und Zerstörung
1896 begann ein neuer Abschnitt in der Sammlungsunterbringung. In diesem Jahr wurden die Sammlungen des Vereins durch einen Vertrag der Stadt Elberfeld übergeben. Aber die Verwaltung und Obhut des Sammlungsmaterials wurde auch in der Folgezeit weiterhin durch den Verein praktiziert; die Stadt Elberfeld stellte von nun an die Räume zur Verfügung. 1901 übergab die Stadt einen Saal von 225 m² über der neu gegründeten Stadtbücherei und Lesehalle am Neumarkt. Der öffentlich ausgestellte Teil umfasste vier größere und acht kleinere Spezialsammlungen; die größeren enthielten vogelkundliche, insektenkundliche, geologische und mineralogische Objekte.
Eine weitere Verbesserung der Unterbringungs- und Ausstellungsgegebenheiten ergab sich im Jahr 1929 durch den Umzug des Museums in das Gebäude an der Tannenbergstraße, der heutigen Bergischen Musikschule. 1938 schlossen sich die Naturwissenschaftlichen Vereine von Elberfeld und Barmen zum Naturwissenschaftlichen Verein Wuppertal zusammen. Für das Museum hatte dieser Zusammenschluss zur Folge, dass die vergrößerten Sammlungen eine Neuorientierung des Museums nach sich zogen. Für einen Neubau war kein Geld vorhanden, das Museum wurde in den Räumen des ehemaligen Lyzeums Barmen in der Höhne unmittelbar an der Ruhmeshalle eingerichtet. Hier waren es 1200 m² Ausstellungsraum, d.h. etwa die gleiche Fläche, wie sie später das Fuhlrott-Museum besaß! Am 31.Mai 1943 wurde dieses Gebäude während eines Luftangriffs zerstört. Die Geologische Sammlung mit 12.000 Belegstücken, die Mineralogische Abteilung mit ca. 5.000 Mineralien sowie die Entomologische Sammlung mit ca. 100.000 Schmetterlingen und Käfern waren verlorengegangen.
Wiederaufbau
In den nächsten zwei Jahren waren aber durch umfangreiche Aufsammlungen, Tausch und Kauf die Abteilungen Geologie, Mineralogie, Ornithologie und Käferkunde wieder mit so viel Material versehen, dass man 800 m² Ausstellungsfläche damit bestücken konnte.
Der Neuaufbau des Naturkundlichen Museums nach dem Krieg ist untrennbar mit dem Namen Arthur Hirsch verbunden. Er wurde 1945 Leiter des Museums und gleichzeitig auch Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins. Nach einer Odyssee der Sammlungsbestände wurden die musealen Ausstellungsräume im ehemaligen Glanzstoffhaus an der Friedrich-Ebert-Str. 27 untergebracht. Hirsch selbst konnte die Realisation seiner Pläne nicht mehr erleben, er starb im Oktober 1962.
Dr. Hans Sundermann übernahm am 1.1.1963 die ehrenamtliche Leitung des Naturwissenschaftlichen Museums. Am 1.4.1966 wurde er der erste hauptamtliche Direktor des Naturwissenschaftlichen und Stadthistorischen Museums und eröffnete am 25.4.1967 die Ausstellungen im jetzigen Haus Auer Schulstraße 20 auf einer Fläche von etwa 400 m². Nachdem Sundermann wenige Monate nach der Eröffnung des neuen Museums eine Professur für Didaktik der Biologie an der Pädagogischen Hochschule Wuppertal erhalten hatte, leitete er das Museum bis 1968 zusätzlich weiter, bis am 1.1.1969 ein neuer hauptamtlicher Direktor eingesetzt wurde.
Wissenschaft und Museumspädagogik - Ära Dr. Kolbe
Dr. Wolfgang Kolbe leitete 25 Jahre das Museum bis zum Ausscheiden nach Erreichen der Altersgrenze am 31.3.1994. Zeitgleich war er Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins. Diese Symbiose wirkte sich außerordentlich befruchtend für Museum und Verein aus. In seine Amtszeit fielen einige entscheidende Veränderungen für das Museum. Nach mehrmonatiger Schließung wurde am 1. April 1973 das bisherige Naturwissenschaftliche und Stadthistorische Museum unter dem heutigen Namen Fuhlrott-Museum wiedereröffnet. Das gesamte Erdgeschoss war neu ausgebaut und eine neue Eingangshalle war geschaffen worden, die für die Volkshochschule und das Museum in gleichem Maße genutzt werden konnte. Nachdem die Volkshochschule in ihren Neubau eingezogen war, erhielt das Museum sämtliche Räume in der Friedrich-Ebert-Straße. Weitere Räume wurden dadurch frei, dass die Stadtgeschichtliche Abteilung unter Leitung von Dr. Michael Knieriem – dem heutigen Leiter des Fuhlrott-Museums – in das Historische Zentrum in der Engelsstraße umzog. So konnten für die naturkundlichen Belange im Bereich der Ausstellungen ca. 1200 m² genutzt werden – also die gleiche Ausstellungsfläche wie bereits 1939 im Gebäude des ehemaligen Lyzeums Barmen!
In diese Zeit fällt auch eine spürbare Erweiterung der Mitarbeiterzahl. Mit der Personalerweiterung verbunden war neben der Aufnahme museumspädagogischer Aufgaben unter anderem auch eine erheblich breitere wissenschaftliche Tätigkeit. Diese schlug sich in einer Vielzahl von Publikationen zu entomologischen, ökologischen und paläontologischen Themen nieder. Zum Teil erschienen diese in den nunmehr regelmäßig jährlich herausgegebenen Jahresberichten des naturwissenschaftlichen Vereins, anderenteils in unterschiedlichen regionalen und internationalen Fachzeitschriften. Schwerpunkt der biologischen Arbeiten waren vor allem die Untersuchungen zum „Burgholz-Projekt“ in der Zeit von 1970 bis 2000, bei denen zeitweilig mehrere zusätzliche Wissenschaftler und Präparatoren am Museum tätig waren (u.a. Dr. Karlheinz Dorn, Dr. Schleuter etc.). Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit wurden bei zahlreichen Tagungen vorgestellt. Besonders hervorzuheben sind dabei der Internationale Entomologen-Kongress in Vancouver 1988 und die beiden „Karbon-Kongresse“ 1987 in Beijing bzw. 1991 in Buenos Aires.
Eine große Besonderheit dieser Zeit waren die zahlreichen Sonderausstellungen, die nunmehr nicht nur von anderen Anbietern übernommen, sondern auch vielfach durch die Mitarbeiter des Hauses – zum Teil in enger Zusammenarbeit mit dem Naturwissenschaftlichen Verein bzw. den anderen im Haus tätigen Vereinen und Arbeitsgruppen – selbst konzipiert und aufgebaut wurden.
Seit 1985 konnte Dr. Kolbe auch noch eine Museumsschule im Fuhlrott-Museum einrichten, an der bis 2005 zwei Lehrerinnen tätig waren.
Sowohl im Ausstellungsbereich als auch vor allem in den Magazinflächen traten jedoch sehr bald Engpässe auf. Zumindest im Sammlungsbereich ergab sich die Möglichkeit, die ehemalige Grundschule am Katernberger Schulweg für Magazinzwecke zu nutzen. Im Bereich der Ausstellungsräume wurde intensiv nach neuen Standortmöglichkeiten gesucht, ohne dass jedoch Ergebnisse erzielt wurden: Der Rohleder-Bau stand ebenso zur Debatte wie das Bundesbahn-Verwaltungsgebäude oder die Zoogaststätten. Es gab sogar Pläne, zwischen Zoo und Technischer Akademie einen Museumsneubau mit Planetarium zu errichten. Alle Pläne wurden verworfen, das Museum stand bis 2008 immer noch am alten Platz!
Schleichender Niedergang - Etatkürzung
Vom 1. April 1994 bis 31.12.1995 leitete der unter Dr. Kolbe stellvertretende Museumsleiter Dr. Carsten Brauckmann kommissarisch die Geschäfte des Museums. Als er ab 1.1.1996 einem Ruf an die Technische Universität Clausthal folgte, wurde Dr. Kolbe wieder reaktiviert und führte die Geschäfte bis zum 31.1.1997 weiter. Am 1.2.1997 übernahm Prof. Dr. Hans-Hermann Schleich die Leitung des Fuhlrott-Museums. Die Inhalte, die Dr. Kolbe dem Fuhlrott-Museum aufgeprägt hatte, mussten einer anderen Philosophie weichen: Während Dr. Kolbe in seinen Ausstellungen der Naturgeschichte des Rheinlandes einen breiten Platz einräumte, lag der Schwerpunkt der Arbeiten von Prof. Schleich in der Bearbeitung eher völkerkundlicher Themen wie Nepal, Bhutan, China oder Almeria, was sich auch nachdrücklich in den Ausstellungen auswirkte. Wesentlich war in diesem Zusammenhang das deutlich modernisierte Design in einigen Ausstellungsbereichen. Die empfindlich verringerte Mitarbeiterzahl vermochte Prof. Schleich durch eine Anzahl von zeitlich begrenzten Stellen über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auszugleichen.
Im Februar 2003 entzog die Stadt Wuppertal Prof. Schleich die Leitung des Museums. Der Entlassung des Leiters folgte ein massiver Eingriff in den Etat des Museums, der eine Schließung zumindest der Schausammlungen nach sich ziehen musste. Es war geplant, mit nur zwei hauptamtlichen Mitarbeitern lediglich die umfangreichen wertvollen Sammlungen am Katernberger Schulweg zu erhalten. Durch ein großes persönliches Engagement gelang es dem Naturwissenschaftlichen Verein als dem Patronatsverein des Museums, in langwierigen Verhandlungen mit der Verwaltung und den Ratsfraktionen die Schließung des Museums zu verhindern. Die Gegenleistung des Vereins bestand in der Bereitstellung von ehrenamtlichen Mitarbeitern im Bereich von Aufsicht, Sammlungen, Bibliothek und Ausstellungsbau. Am 10.12.2003 wurde ein Vertrag zwischen dem Verein und der Stadt unterzeichnet, damit war der Bestand des Museums zunächst gesichert. Eine wertvolle Unterstützung für seine Bemühungen um den Erhalt des Museums erhielt der Verein durch eine großzügige Spende aus der Jackstädt-Stiftung; Zuwendungen von Vorwerk und der Sparkasse Wuppertal folgten.
Während der Krise des Museums bis zum 31.12.2003 war der Direktor des Wuppertaler Zoos Dr. Ulrich Schürer kommissarischer Leiter des Museums. Anschließend fasste ein neues Konstrukt das Historische Zentrum und das Fuhlrott-Museum in einem Stadtbetrieb zusammen, gemeinsamer Leiter war Dr. Michael Knieriem, der Direktor des Historischen Zentrums.
Ein Kommunikationsbüro wurde zwischenzeitlich beauftragt, eine neue Gesamt- und Marketingkonzeption zu erstellen. Dieses unter dem Namen „Naturion“ vorgestellte Konzept wurde aber nach einer sehr kontroversen Diskussion verworfen.
Ein bedeutendes Datum in der aktuellen Geschichte des Museums war der 17.7.2004; an diesem Tag wurde die erste Ausstellung nach der Krise unter dem Titel „Kostbarkeiten aus den Gärten Poseidons – Muscheln und Schnecken der Ozeane“ eröffnet. Es folgten weitere Ausstellungen u.a über die Katastrophen in der Urzeit.
Der schleichende Niedergang des Museums, der sich irgendwann durch Ausdünnen des Personals abzeichnete, fand 2005 seinen ersten „Höhepunkt“ in der Entlassung der Museums-Lehrkräfte durch Dr. Knieriem. Der stellvertretende Vorsitzende des NVW Franz Gusinde übernahm für einige Zeit den Museumsunterricht – wie alle 75 ehrenamtlichen Mitarbeiter ohne Honorar.
Ende nach 116 Jahren
2006 erfolgte ein neuerlicher Beschluss der Stadtverwaltung, das Museum für immer zu schließen. Vordergründig ging es um 300.000 €, die zur Schulspeisung verwendet werden sollten. Alle Bemühungen, das Museum wieder zu retten, schlugen fehl. Dazu gehörte u.a. eine auch überregional viel beachtete Ausstellung zur 150jährigen Wiederkehr des Neanderthaler-Fundes unter dem Titel „Fuhlrotts Neandertaler – die zweifache Sensation“. Im Mai 2007 war das Museum 10 Tage lang in den City-Arkaden zu Gast. Auf 150 m² wurden Exponate aus dem Museum gezeigt, um die Bevölkerung auf die drohende Schließung aufmerksam zu machen, dabei wurden über 6000 Unterschriften gesammelt. Im Oktober fand anläßlich der Übergabe der Unterschriften eine Demonstration auf dem Johannes-Rau-Platz statt. Alle Bemühungen schlugen jedoch fehl, am 31.3.2008 schloss das Museum endgültig seine Pforten. Wichtig war den Mitgliedern des NVW, dass die Sammlungen in berufene Hände kamen, was schliesslich auch gelang (siehe besonderer Abschnitt „Bio-Sammlungen werden verliehen“). Zunächst war nur eine Leihgabe bis 2014 vorgesehen. Da inzwischen die Stadtspitze sich im Februar 2010 eindeutig geäußert hatte, dass Wuppertal nur zwei Museen braucht, nämlich das von-der-Heydt-Museum und das Historische Zentrum, dürfte dieser Schritt endgültig sein. Es gab zwar immer wieder aufflackernde Vorschläge, das Museum wieder zu beleben, letztlich aber alle ohne Realitätshintergrund.